Würzburger Neidköpfe und Fratzengesichter
Würzburger Neidköpfe und Fratzengesichter

Würzburger Neidköpfe und Fratzengesichter

Wenn Sie diesen Artikel in der Hoffnung angeklickt haben, dass Ihnen nun ein paar besonders blöd dreinguckende Würzburger und Würzburgerinnen präsentiert werden, muss ich Sie in gewisser Weise enttäuschen.

Es ist zwar nicht auszuschließen, dass es von dieser Gattung auch in unserer Stadt einige Exemplare gibt (böse Zungen würden mir wahrscheinlich unterstellen, selbst dazuzugehören :D), hier soll es aber um die aus Stein gemeißelten oder aus Holz geschnitzten Exemplare aus vergangenen Zeiten gehen.

Geschichte der Neidköpfe und Fratzengesichter

Die Geschichte und Bedeutung dieser oftmals gruseligen Gesichter und Figuren, die man vor allem an älteren Gebäuden findet, ist recht einfach erklärt! Früher waren die Menschen sehr abergläubisch. Und mit einem Neidkopf über der Tür oder an anderen Stellen des Gebäudes, wollte man böse Geister davon abhalten, das Haus zu betreten oder den Bewohnern zu schaden.

„Neidkopf“ in der Büttnergasse
Ein kleiner giftiger Drache als Neidkopf in der Büttnergasse

Aus unserer heutigen aufgeklärten Sicht der Dinge ist eine derartige Angst und der Glauben an böse Geister kaum noch nachvollziehbar und wirkt eher lustig und naiv. Damals war diese Art von Ängsten für die Menschen aber allgegenwärtig und weit verbreitet. Verantwortlich dafür, war sicher auch zu einem großen Teil die Kirche und der darin geprägte feste Glaube an Tod, Teufel und Verderben. Auch heidnische Bräuche und Sagen und die allgemeine Angst vor dem Unbekannten haben zur Verbreitung beigetragen.

Mit dem allmählichen Verlust der kirchlichen Macht, änderten sich Sitten, Gebräuche und die geprägte Angst und die Neidköpfe verloren an Bedeutungskraft. Auch die Veränderungen in Architektur und Stil trugen dazu bei, dass es sie heutzutage nicht mehr gibt.

Der sprachliche Ursprung

Würzburger Neidköpfe und Fratzengesichter

Der Begriff stammt vom althochdeutschen Wort nid ab, das unter anderem für Hass, Zorn oder Neid steht. Als Begriff taucht der Neidkopf in der Fachliteratur erstmals Mitte des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit Bauplastik in Berlin auf.

Der Brauch geht laut dem Hohenloher Heimatforscher Herbert Schüßler vermutlich auf keltischen Ursprung zurück, als man feindliche Schädel an den äußeren Begrenzungen der Bauten anbrachte, um Feinde abzuschrecken. Sie galten außerdem als Glückssymbol und wurden auch auf Rüstungen angebracht. Man glaubte, mit der Zurschaustellung des Kopfes habe man Gewalt über die Seele und den Geist des Feindes. Ohne Kenntnis dieses Kults wurde der Brauch mit Steinköpfen vom inzwischen christianisierten Volk beibehalten.1)Wikipedia-Artikel über Neidköpfe –> abgerufen am 22.03.2025

Fratzengesichter in der Architektur

Fratzengesichter – auch Maskaronen genannt – findet man an vielen älteren Gebäuden. Ihre Geschichte reicht zurück bis in die Antike. Damals glaubte man, dass auch diese Gesichter böse Geister abhalten und vertreiben könnten. Im Mittelalter wurden sie dann oft an Kirchen und anderen Gebäuden angebracht, um das Böse abzuwenden.

Mit der Renaissance wurden die Fratzengesichter dann immer beliebter, verloren aber ihre Schutzfunktion und wurden mehr zu dekorativen Elementen. Ein gutes Beispiel sind die Wasserspeier an alten Brunnen. Sie sehen oft wie kleine Monster aus.

Würzburger Neidköpfe und Fratzengesichter

Hier folgt nun eine Sammlung von Bildern, die ich an unzähligen Gebäuden der Stadt gefertigt habe. Sie stammen aus den unterschiedlichsten Epochen der Architektur.

Ist Ihnen beim Betrachten der Bilder auch die häufige Darstellung von bärtigen Männern aufgefallen? Dazu muss man wissen, dass Bärte in früheren Zeiten durchaus eine besondere Bedeutung hatten. Sie waren oft ein Zeichen für Weisheit, Stärke und Männlichkeit. In der Kunst wurden bärtige Männer oft als Philosophen, Propheten oder Könige dargestellt. Es könnte also gut sein, dass die Künstler damals mit dieser Darstellung ganz bestimme Eigenschaften und Rollen symbolisieren wollten. Wer so ein Haus betrat, sollte sich mitunter also auch ehrfürchtig und demütig (vor der Weisheit und Männlichkeit) zeigen.

Würzburger Neidköpfe und Fratzengesichter am Juliusspital

Der Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn stiftete im Jahr 1576 das Juliusspital der Stadt Würzburg. Nachdem er zuvor Universitäten anderer Städte besucht hatte, erkannte er damals, dass Würzburg eine derartige Anstalt zur Behandlung armer und kranker Menschen fehlte. Er stiftete daraufhin das Spital aus seinem Privatvermögen. Der Grundstein für den 1585 fertiggestellten Spitalbau wurde am 12. März 1576 gelegt.2)Mit Material aus dem Artikel „Juliusspital“ von Wuerzburgwiki.de

Der Barockbau des Juliusspitals ist – typisch für Bauten dieser Zeit – reich verziert und enthält unzählig viele Neidköpfe und Fratzengesichter. Jeder ist ein Einzelstück, keiner gleicht dem Anderen! Hier eine kleine Auswahl aus dem Innenhof des Spitals.

Hier finde ich die Blickrichtung der Figuren sehr besonders! Sie blicken nicht auf uns Menschen herab, sondern häufig in Richtung Himmel. Vielleicht wollten die Künstler damit zeigen, dass diese Wesen eine Verbindung zum „Göttlichen“ haben, oder dass sie eine Art „himmlische Macht“ besitzen. Manche dieser Gesichter ziehen auch lustige Grimassen. Eine gewisse Art von Humor ist den Bildhauern von damals auf alle Fälle nicht abzusprechen.

Besondere Exemplare

Würzburger Neidköpfe und Fratzengesichter

Am Mutterhaus und der Kirche der Erlöserschwestern in Würzburg findet man sehr viele schöne Figuren und Köpfe. Besonders aufgefallen sind mir zwei tierische Darstellungen. Auf der einen Seite eines Torbogens der Kopf und auf der anderen Seite das Hinterteil eines Ebers.

Eine Schwester, mit der ich zufällig ins Gespräch kam, erzählte mir, dass dieser Eber in Zusammenhang mit Ebrach steht. Denn die Erlöserschwestern sind in Würzburg auch als die „Ebracher Schwestern“ bekannt. Dieser Eber erinnert an die eigentliche Herkunft aus dem Ort. Passend dazu gibt es in Würzburg auch einen „Ebracher Hof“ und eine „Ebracher Gasse“. Der Eber findet sich auch wieder im Wappen des Markt Ebrach im Landkreis Bamberg.

In der Würzburger Koelikerstraße im Stadtteil Innere Pleich sind einige historische Gebäude erhalten. Besonders aufgefallen ist mir hier der komplette Türrahmen von Haus Nummer 9. Der Türstock ist in einem Stück aus Holz geschnitzt und zeigt eine ganze feine Handwerksarbeit vergangener Tage. Wie lange der Holzbildhauer wohl an diesem Stück gearbeitet hat … Schön, dass es den Krieg überlebt hat und erhalten blieb!

Weniger Meter daneben befindet sich ein Löwenkopf. Beim genauen Betrachten sieht man allerdings, dass er keine Katzenaugen hat, sondern ein sehr hübsches menschliches Gesicht.

Der Löwe wirkt daher eher vertrauenerweckend, denn abschreckend. Auch dies ist eine wunderschöne Arbeit eines Handwerkers aus vergangenen Zeiten.

Quellenangaben[+]

Ein Kommentar

  1. Karla

    Das ist eine sehr schöne Foto sammlung. Bin am Sonntag leider zu spät zum Spaziergang dazu gestoßen.
    Hab aber den ganzen Weg bis zum Ende abgeschlossen und sag jetzt noch….. Herzlichen Dank an Sie und Gute Besserung für Ihre noch nicht ganz auskurierte Erkältung. In diesem Sinne…. 🙏
    👍🏼🫶🏼👋🏼🍀❣️❣️❣️

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