Heidingsfeld

Der Würzburger Stadtteil Heidingsfeld – im Volksmund auch „Hätzfeld“ oder „Das Städtle“ genannt – war tatsächlich ehemals eine kleine eigenständige Stadt. Denn Heidingsfeld wurde erst im Jahr 1930 auf Wunsch der Bürger zu Würzburg eingemeindet und war vorher eine selbständige Stadt. Im Dezember 2015 lebten rund 10.000 Einwohner in Heidingsfeld.

Die alte Heidingsfelder Stadtmauer

Die alte Heidingsfelder Stadtmauer

Gerade deshalb hat sich vielleicht auch der eigenständige Charakter des Stadtteils mit seiner historischen und denkmalgeschützten Stadtmauer erhalten. Das ehemalige Stadtgebiet erstreckte sich vom Steinbachtal bis zum heutigen Stadtteil Heuchelhof.

Die historische Stadtmauer von Heidingsfeld

Die Stadtmauer war ursprünglich 2210 Meter lang. Heute misst sie in einfachem Umfang 1690 Meter. Die fehlenden Meter entfielen auf die Ummauerung um den Stadtbach. In der Stadtmauer, die vorwiegend aus Muschelkalkstein besteht, befanden sich 14 Türme. Trotz vieler Beschädigungen über die Jahrhunderte hinweg, zuletzt durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg, umschließt die Stadtmauer heute noch weitgehend den Kern von Heidingsfeld.

Die Bürgerschaft Heidingsfeld setzt sich seit Jahrzehnten für den Erhalt ihrer gotischen Stadtumwehrung ein. Restauriert wurden im Jahr 2006 von der Stadt Würzburg unter anderem zwei Wehrbrücken und der Salmannsturm. Weitere herausragende Teile der Stadtmauer, wie den Stegenturm, wird die Stadt mit Hilfe der engagierten Heidingsfelder Bürger restaurieren.

Die Geschichte von Heidingsfeld

Alter Turm in der Gasse "An der Stadtmauer"

Alter Turm in der Gasse „An der Stadtmauer“

Urkundlich erwähnt wurde Heidingsfeld in einer Marktbeschreibung von 779 n. Chr. Ursprünglich soll der Name von „Hedans Feld“, also Stadt des thüringischen Herzogs Hedan kommen.

1367 bekam Heidingsfeld die Stadtrechte verliehen. 1565 ließen sich aus Würzburg vertriebene Juden in Heidingsfeld nieder. Der Ort wurde so zu einem wichtigen religiösen Zentrum der jüdischen Gemeinde und war im frühen 18. Jahrhundert Sitz des Ober-Rabbiners von Unterfranken. Im frühen 19. Jahrhundert hatte Heidingsfeld (nach Fürth) die zweitgrößte jüdische Gemeinde im damaligen Königreich Bayern.

Die Schweden unter Gustav Adolf II. eroberten die Stadt im 30-jährigen Krieg – bis heute existiert in der Sage vom „Giemaul“ ein Nachhall, die dazu gehörige Figur hängt noch heute am Rathaus und ist ein Wahrzeichen von Heidingsfeld (siehe Artikel weiter unten).

1930 wurde die Stadt nach Würzburg eingemeindet, bei der Reichspogromnacht wurde 1938 die Synagoge in Heidingsfeld zerstört. 1945 wurden 85 % des Ortes bei Luftangriffen verheerend beschädigt. Die Folgen davon kann man heute noch teilweise an der alten Stadtmauer erkennen.

Bilder aus dem Stadtteil Heidingsfeld

Alle Bilder dieser Galerie entstanden an einem schönen Samstagnachmittag im April 2018.

Die Heidingsfelder Stadtteile

Altstadt

Der Altort ist im wesentlichen das Gebiet innerhalb der Stadtmauer und wird im Volksmund als „Städtle“ bezeichnet (im Gegensatz zur „Stadt“, mit der gemeinhin die Würzburger Innenstadt gemeint ist).

Lehmgrubensiedlung

Die Lehmgrubensiedlung ist eine Wohnsiedlung am Hang des Blosenbergs nordöstlich der Eisenbahnstrecke Würzburg-Lauda-Königshofen. Dort existiert kaum mehr Einzelhandel, es bestehen jedoch gute Verkehrsanbindungen über die Buslinie 16 in die Innenstadt.

Entstehungsgeschichte der Lehmgrubensiedlung: In den 1930er Jahren bauten die Bürger erste Siedlerhäuschen mit großem Gartengrundstück in Eigenleistung. Hierbei wurden zunächst die Häuser von allen gemeinsam erbaut und anschließend unter den zukünftigen Bewohnern verlost.

Blick von den herbstlichen Weinbergen am Katzenberg über Heidingsfeld nach Würzburg.

Blick von den herbstlichen Weinbergen am Katzenberg über Heidingsfeld nach Würzburg.

So wurde sichergestellt, dass sich niemand beim Bau der Häuser übervorteilte. Die großen Gärten waren notwendig, um genug Lebensmittel anbauen zu können, da als Folge der Weltwirtschaftskrise viele Bewohner verarmt waren. 1957 war die Einweihung der Katholischen Pfarrkirche „Zur Heiligen Familie“. In den 1960er und 1980er Jahren folgte die Erschließung w

Verkehrsanbindungen in Heidingsfeld

Der Stadtteil Heidingsfeld ist mit den Bereichen Lehmgrubensiedlung und Katzenberg relativ gut an den ÖPNV angebunden. Die ehemalige Linie 23, die von der Reuterstraße in die Lehmgrubensiedlung fuhr, wurde vor einigen Jahren komplett eingestellt und durch einen teilweise geänderten Streckenverlauf der Linie 16 (fährt über Lehmgrubensiedlung und Frauenland bis Dominikanerplatz in der Innenstadt) ersetzt.

Zentraler Umsteigepunkt in Heidingsfeld ist die Reuterstraße. Hier starten auch die Linie 31 (Guttenberger Forst) und 33 (Katzenberg). Zusätzlich halten hier die Straßenbahnlinien 5 (Heuchelhof) und 3 (Heuchelhof / Rottenbauer). Bevor die Straba zum Heuchelhof gebaut wurde (Fertigstellung im November 1989) waren hier auch die Abfahrtpunkte der Buslinien 30 (Heuchelhof) und 32 (Rottenbauer), welche aber mit dem Bau der Straßenbahnlinie 5 eingestellt wurden.

Ehemalige Straßenbahnschienen am alten Ostbahnhof in Heidingsfeld.

Ehemalige Straßenbahnschienen am alten Ostbahnhof.

Noch bis vor einigen Jahren fuhr die Straßenbahnlinie 3 auf einer eingleisigen Strecke durch die engen Straßen im „Städtle“ und hatte ihre Endstation am Ostbahnhof in Heidingsfeld. Die Linie wurde mit der letzten Fahrt am 8. Juni 2001 wegen des immer stärker werdenden Autoverkehrs in Heidingsfeld eingestellt. Oftmals war es einfach zu eng für Straba und Autos.

Einige Jahre nach der Einstellung des Regelverkehrs bestand wieder verstärktes Interesse an einer Neuaufnahme des Betriebes. Dafür machte sich unter anderem die „Interessengemeinschaft Würzburger Straßenbahn“ (IWS e.v.) stark. Die Gleise wurden damals nicht entfernt, um eine Wendemöglichkeit zu haben. Zur zehnjährigen „Fahrplanruhe“ der Linie 3 wurde am 19.11.2011 eine Sonderfahrt mit einem der alten Triebwagen veranstaltet.

Auch gab es immer viele Bürger und Pendler, die sowohl den Ostbahnhof in Heidingsfeld als auch den Westbahnhof in der Lehmgrubensiedlung gerne wieder als Haltepunkte der Bahn sehen würden. Gerade für die Heidingsfelder war dies eine ideale Pendlermöglichkeit in die Innenstadt. Ein Zug brauchte vom Ostbahnhof zum Hauptbahnhof unter 10 Minuten. Mit Zubringerbus und Straßenbahn ist man in Richtung Hauptbahnhof fast 30 Minuten durch die ganze Stadt unterwegs. Auch der Verkehrsclub Deutschland setzt sich für eine Wiederbelebung des Haltepunktes ein.

Nachtrag 2013:

Die oben genannten Pläne, die Straßenbahn in Heidingsfeld wieder zu aktivieren, sind inzwischen hinfällig. Grund ist, dass die Strecke alleine schon dadurch unbefahrbar gemacht wurde, dass die Betonmasten, welche die Oberleitung hielten, entfernt werden mussten. Denn im Bereich der Haltestellen Waltherschule und Ostbahnhof standen Oberleitungsmasten deren Standsicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnten. 2012 knickte ein baugleicher Mast in der Zellerau um. Seitdem wurde die Würzburger Straßenbahn dazu verpflichtet, bis zur Frostperiode 2014 im gesamten Streckennetz alle diese Masten auszutauschen. Eine Reaktivierung der Straßenbahn zum Ostbahnhof hätte damals neben einer Erneuerung der Masten außerdem auch eine Erneuerung der mehr als 40 Jahre alten Gleisanlagen, der Fahrleitung und der Signalanlagen erfordert. Gesamtkosten: 4,5 Millionen Euro.

Vor diesem Hintergrund hatte der Aufsichtsrat der WSB ein Verfahren zur Einstellung des Straba-Betriebs eingeleitet. Und damit wurden eben die 24 Masten einfach zurückgebaut. Damit ist die Sache „Wiederbelebung der Linie 3“ für immer erledigt. 1)Main-Post Artikel „24 Straba-Masten werden gekappt“ vom 01.03.2013

Nachtrag 2016:

Zwischenzeitlich wurden auch alle Schienen aus den Straßen entfernt. Die WSB hat sich damit also die Möglichkeit genommen, jemals wieder eine Straßenbahn hier fahren zu lassen. Eine derartige Streckenstillegung ist in Würzburg etwas sehr Seltenes. Erinnern kann ich mich da spontan nur an eine Strecke, die ursprünglich ins hintere Steinbachtal führte. Davon wissen heute nur wenige Leute in Würzburg.

Geschichte und Geschichten – Das Heidingsfelder „Giemaul“

Das Rathaus in Heidingsfeld

Das Rathaus in Heidingsfeld

Die Schweden hatten Würzburg bereits eingenommen, da leistete das benachbarte Städtchen Heidingsfeld noch immer tapferen Widerstand. So schnell wären die Feinde nicht hinter die starken Mauern gekommen, hätten sie nicht einen Verräter gefunden. Ein Ratsherr namens Hemmerlein wäre gerne Bürgermeister geworden und glaubte, die Schweden würden ihn aus Dankbarkeit in dieses Amt einsetzen, wenn er sie auf heimlichen Wegen in die Stadt brächte.

Giemaulfigur an der Fassade vom Heidingsfelder Rathaus

Giemaulfigur an der Fassade vom Heidingsfelder Rathaus

So ließ er sich nachts an einem Seil die Mauer hinunter und führte eine Abteilung Schweden zum „Nonnengarten“, wo der Kanal unter der Mauer hindurch das Eindringen in die Stadt ermöglichte. Die ahnungslosen Wachen wurden leicht überwältigt, durch die geöffneten Tore stürmten die Schweden und besetzten die Stadt.

Aber der schwedische Hauptmann beließ den alten Bürgermeister in seinem Amt; 100 Dukaten waren der Judaslohn für den Verräter. Der lebte nun in ständiger Angst, dass eines Tages seine Schandtat aufkäme. Das geschah auch, als die Schweden nach drei Jahren abgezogen waren. Man hätte den Schurken an den Galgen gehängt, wäre er nicht vorher tot zusammengebrochen.

Zur Erinnerung wurde sein Bildnis, ein schwarzbärtiger Männerkopf mit heraushängender Zunge, der Rathausuhr vorgesetzt. So oft die Glocke schlägt, so oft klappt das Giemaul auf und zu. Wenn ein Spatz beim Zwölf-Uhr-Schlag einfliegt, muss er eine Stunde im finsteren Giemaul bleiben, bis es sich um ein Uhr wieder öffnet. 2)Karl Treutwein – „Das Heidingsfelder Giemaul“. – Sagen aus Mainfranken – Stürtz, Würzburg 1969

Und wie das mit solchen alten Geschichten und Sagen ist, gibt es oftmals verschiedene Erzählweisen. Die hier oben gezeigte, ist relativ „harmlos“. Um einiges „brutaler“ und „blutiger“ ist die Version die ich in meinem Sonntagsvideo erzählt habe (siehe weiter unten). Dort schnitt man dem „Verräter“ die Zunge heraus und nagelte seinen Kopf an das Rathaus.

An das „Giemaul“ wird auch in der Faschingsgilde Giemaul erinnert, denn schon zur Zeit der Eroberung waren viele Heidingsfelder Bürger der Meinung, dass eine Eroberung nicht abzuwenden war. Durch das Öffnen des Tors tat „Giemaul“ der Stadt den Gefallen, die Zerstörung durch die Belagerer zu umgehen. 3)Artikel bei Wikipedia.de zum Thema Heidingsfeld

Das Sonntagsvideo

Für eine Videoreihe „Das Sonntagsvideo“ war ich inzwischen mehrmals im Stadtteil Heidingsfeld unterwegs.

Heidingsfeld in historischen Ansichten

Wie schön, dass es Leute gibt, die alte Postkarten und Ansichten aufheben und sammeln. Einer dieser Sammler ist der Stadtrat Willi Dürrnagel aus dessen Archiv diese Bilder stammen.

Heidingsfeld bei OpenStreetMaps

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Quellenangaben[+]

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