Innere Pleich

Der Stadtteil Pleich teilt sich auf in die Innere Pleich und die Äußere Pleich. Die Innere Pleich ist der Bereich zwischen Juliuspromenade und Röntgenring bzw. dem Ringpark. Die Äußere Pleich führt vom Ringpark bis zur Brücke der Deutschen Einheit nach dem Kulturspeicher an der Veitshöchheimer Straße.

Die Innere Pleich

"ZE-Haus" auf der Juliuspromenade
„ZE-Haus“ auf der Juliuspromenade

Eingerahmt vom alten Bischofsgarten im Osten (heute der Garten des „Juliusspitals“), der Juliuspromenade – deren Verlauf von der Kürnach und dem Kranenkai im Westen bestimmt wurde – war die Pleich schon immer ein sehr wasserreicher Stadtteil.

Osterbrunnen vor St. Gertraud in der Pleich
Osterbrunnen vor St. Gertraud

Deshalb siedelten sich bereits zu Anfang des 12. Jahrhunderts Berufsgruppen an, die bei ihrer Arbeit auf viel Wasser angewiesen waren. Dazu gehörten unter anderem Metzger, Töpfer oder Gerber (vergleiche auch die „Gerberstraße„). Bis heute hat das Viertel mit seinen engen und verwinkelten Gassen und dem ruhigen Kirchplatz um St. Gertraud, einen fast dörflichem Charakter.

Die Pleich ist eines der ältesten Stadtteile von Würzburg. Hier gibt es einige der wahrscheinlich engsten und urigsten Gassen im Stadtgebiet. Dementsprechend bescheidene Wohnverhältnisse prägten das Bild des Viertels ursprünglich. Heute ist die Pleich eines der zentralsten Wohngebiete in renovierten und teilweise neu gebauten Gebäuden. Das war aber nicht immer so.

Bis in die Mitte der 1980er Jahre hatte die Pleich keinen besonders guten Ruf in der Stadt. In direkter Nachbarschaft der Äußeren Pleich befand sich neben dem Freihafen (in Würzburg bekannt als „Alter Hafen“) auch der Viehmarktplatz. Dazu gehörte auch dieFrankenhalle als Viehauktions- und Veranstaltungshalle und wenige Meter davon entfernt der städtische Schlachthof. Das alles mitten in einem Wohngebiet.

Am Pleicherkirchplatz
Am Pleicherkirchplatz

Als der Schlachthof allerdings 1853 errichtet wurde, befand er sich mit seinem Standort vor dem „Pleicher Tor“ noch am Stadtrand von Würzburg. Unter anderem aus hygienischen Gründen wurde der Betrieb 1978 eingestellt. 1981 wurden die Gebäude abgerissen und in den Jahren danach durch das heutige Hotel Maritim und das Congress-Centrum ersetzt.

Diese Umgebung sorgte damals wohl unter anderem dafür, dass sich rund um die engen Gassen ein etwas „verruchtes“ Milieu ansiedelte. Neben Spielhallen und Kneipen war hier früher auch „die sündige Meile“ mit leichten Mädchen, die sich in der Pleicherschul- und Pleicherkirchgasse angesiedelt hatten. In direkter Nachbarschaft zu den Prostituierten befand sich die Pleicher Volksschule. Heute ist davon natürlich nichts mehr zu sehen und auch das „Horizontale Gewerbe“ ist längst und komplett in die Gattingerstraße abgewandert.

Was die Pleicher Volksschüler vielleicht gerne gesehen hätten …

Aufgrund der direkten Nachbarschaft hatten die Schulkinder der Pleicher-Volksschule seinerzeit aus den Klassenzimmern einen freien Blick in die Fenster der für sich werbenden Damen des Rotlichtmilieus. Da dies schnell bekannt wurde und bei den Eltern der Kinder „nicht so gut“ ankam, setzte sich der Elternbeirat dafür ein, dass die Damen Ihre Fenster mit einem Sichtschutz versehen mussten.1)Diese Geschichte wurde mir vor einigen Jahren von einer Bewohnerin aus der Pleich erzählt, die im Elternbeirat der Schule war und deren Sohn in die Pleicher Volksschule ging.

Regenwetter in der Pleich.
Regenwetter in der Pleich.

Abriss der Pleicher Schule

Das Schulhaus aus den 1950er Jahren wurde Ende der 1980er Jahre abgerissen und durch ein Wohn- und Geschäftshaus ersetzt – das „ZE-Haus“. Der Name des Gebäudes stammt vom ZE-Elektronikfachmarkt, der hier im Erdgeschoss und ersten Stock eingezogen war. Unter dem Gebäude befindet sich eine große Tiefgarage die gleichzeitig als Atomschutz-Bunker ausgebaut wurde. Die schweren Eingangstüren zur Tiefgarage erinnern noch heute daran. Die beengten Verkaufsräume ein paar Häuser weiter auf der Juliuspromenade wurden damit aufgelöst. Lange sollte das neue Domizil aber nicht währen.

Pleicherkirchgasse
Pleicherkirchgasse

Media Markt und andere „Fachmärkte“ sorgten mit einem gnadenlosen Preiskampf für das Sterben auch dieses alteingesessenen Innenstadtgeschäfts. Ebenso erging es den Firmen „Radio Wels“ in der Augustinerstraße, „Udo Lermann“ in Lengfeld und zuletzt der Firma „Duttenhofer“ in der Domstraße, so wie vielen weiteren kleineren Geschäften.

Ein „letzter Zeuge“ aus den „Rotlichttagen“ war das kleine Sexfilm-Kino am Alten Kranen, welches dort bis vor wenigen Jahren noch zu finden war. Es war das Letzte von vielen Kinos dieser Art, die es früher in der Stadt gab. Wer bei Nacht durch die engen und schummrig beleuchteten Gassen geht, kann sich vielleicht vorstellen, wie es hier früher einmal war.

Mit dem Abriss des Schlachthofs Anfang der 1980er Jahre sollte sich auch das Gesicht des Stadtteils erheblich ändern. Zwar gibt es auch heute rund um den Pleicherkirchplatz noch einige sanierungsbedürftige Gebäude, bei denen man den Eindruck hat, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dies ist jedoch sicherlich kein Vergleich zu früheren Tagen.

Bilder aus der Inneren Pleich

Der Name „Pleich“

„Der Name des Stadtteils leitet sich von der Pleichach (einem Fließgewässer) ab und bedeutet wahrscheinlich „weißes Wasser“. Denn in der Bezeichnung ist das germanische Grundwort „aha“, Bedeutung „, „Wasser“ sowie „pleih“ < bleih (→ bleich ˜ blass) althochdeutsch „weiß“ enthalten. Die Würzburger Pfarrkirche St. Gertraud im Stadtteil Pleich firmiert unter „Pfarrkirche zu Pleichach (St. Gertraud)“. 2)Artikel bei Wikipedia über die Pleichach

Die „Judensteine“ aus der Pleich

Im Januar 1987 wurde die ehemalige „Landelektra“ (das Gebäude war zunächst ein Kloster der Dominikanerinnen und wurde auf den Grundmauern errichtet) für einen Neubau abgerissen. Im Untergrund fand man bei den Baggerarbeiten insgesamt 1.504 jüdische Grabsteine und Grabsteinfragmente mit einem Gesamtgewicht von 70 Tonnen. Sie stammten aus der Zeit zwischen 1126 und 1346 und gehörten zum einstigen jüdischen Friedhof, der sich an dieser Stelle befand. Sie wurden geborgen und im Rothof gelagert, gereinigt und zugeordnet.

In diesem Zustand präsentierte vor einigen Jahren Prof. Müller den Mitgliedern und Freunden der Simon Höchheimer Gesellschaft (SHG) die „Judensteine aus der Pleich“. Mittlerweile wurde die im internationalen Rahmen durchgeführte wissenschaftliche Auswertung der Grabsteine, die seit 2006 ihren Platz im Museum des jüdischen Zentrums „Shalom Europa“ in Würzburg gefunden haben, abgeschlossen. Die Steine erzählen menschliche Schicksale, berichten vom Leben der jüdischen Gemeinde im mittelalterlichen Würzburg, legen Zeugnis ab vom hohen wissenschaftlichen Rang ihrer Mitglieder und haben uns auch heute noch viel zu sagen.

Nirgendwo sonst, weltweit, gibt es bislang mehr jüdische Grabsteine aus dem Mittelalter als in Würzburg. 3)Information von der Webseite der jüdischen Gemeinde Würzburg und Unterfranken und der Simon Höchheimer Gesellschaft, Höchberg Weitere ausführliche Informationen und Bildmaterial zu den Judensteinen aus der Pleich gibt es auf der Homepage des Museums der jüdischen Gemeinde Würzburg.

Die letzte erhaltene Mühle im Stadtgebiet stand in der Pleich

Noch bis 1981 stand in der Bohnesmühlgasse die einzige erhaltene Mühle im Stadtgebiet Würzburg. Die „Bohnesmühle“ war eine von neun Mühlen im Pleichachmühlgraben und war bis mindestens 1938 noch in gutem Zustand.

Blick in die Bohnesmühlgasse ca. 1970. (Foto: Willi Dürrnagel)
Blick in die Bohnesmühlgasse ca. 1970. (Foto: Willi Dürrnagel)

Die Ursprünge der Mühle gehen auf das 11. Jahrhundert zurück. Sie hat auch den Feuersturm des 16. März 1945 überstanden und war ein verputzter Fachwerkbau, der Anfang des 19. Jahrhunderts neue Fenstergewände erhielt und einen Zuganker. Das Radhaus der Mühle wurde nach Entfernung des fast fünf Meter hohen Mühlrads nach 1945 in eine Garage umgewandelt. Dabei wurde der proportional gute Segmentbogen durch eine störende moderne Toranlage ersetzt, die für einen Lastwagen gedacht war.

Sie war auch noch 1981 ein der Bausubstanz erhaltenswerter Bau, dessen Mühlengewölbe erhalten und dessen Dachgebälk in außergewöhnlich gutem Zustand war. Es war die einzige Mühle, die noch im Stadtgebiet erhalten war. Im Garten hatte die Firma Schwabacher nach Umstellung der Mühle auf Motorbetrieb ein Lagerhaus für Mehl erbaut. Das Lagerhaus war auf die Stadtmauer aufgesetzt. 4)Text von Willi Dürrnagel

Das „Häuser-Trio“ aus Bohnesmühlgasse 9, 11 und 13 wurde schlussendlich ab dem 22. Juli 1982 abgerissen. Bis dahin wurden die Gebäude vehement von Denkmalschützern verteidigt. Für diese waren es ganz typische Bauten des Stadtteils Pleich, die erhaltenswert gewesen wären. Sogar das bayerische Kultusministerium musste sich als letzte Instanz mit dem Thema befassen. Doch im Stadtrat gab es 1981 einen Mehrheitsbeschluss, der für den Abriss gestimmt hatte. Entstanden ist an dieser Stelle eine „Komfort-Wohnlange“ mit 41 Wohnungen und einer Tiefgarage für bis zu 100 Fahrzeuge. 5)Text mit Informationen aus Main-Post Artikel vom 23.07.1982 Das Gebäude war lange Jahre der Sitz der Krankenkasse DAK in Würzburg.

Das Sonntagsvideo

Für meine Videoreihe „Das Sonntagsvideo“ war ich mehrmals im Stadtteil Innere- und Äußere Pleich mit der Kamera unterwegs.

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Mehr Informationen

Der Stadtteil Pleich bei OpenStreetMap

Quellenangaben[+]

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